Prêt-à-porter aus der Schatulle

Echte Klunker nur für abends? Nicht bei Pomellato. Die „Alltagsjuwelen“ aus der Goldschmiede haben Erfolg

 

Pomellato und die Mode sind Nachbarn. In Metropolen wie Paris, Tokio oder Moskau findet man die Schmuckgeschäfte gleich neben den Flagship-Stores der Edelmodemarken. „Wir benutzen Gold und Edelsteine, aber heraus kommen Accessoires“, erklärt Francesco Minoli recht unprätentiös für den Geschäftsführer eines Echtschmuckhauses. Und wo bleibt da die Ehrfurcht vor dem großen Wert der Juwelen? „Wir sind eine Goldschmiede, kein Juwelier.“ Für ihn macht die Idee den Wert eines Stückes aus, nicht die Karatzahl. Deshalb buhlt Pomellato in Paris auch nicht an der vornehmen Place Vendôme mit den Hochkarätern von Boucheron, Bulgari oder Van Cleef & Arpels um finanzkräftige Kundschaft. „An die Place Vendôme nehmen die Frauen ihre Männer mit.“ Dort Schmuck zu kaufen ist eine große Sache. „Zu Pomellato kommen sie alleine.“ Und kaufen sich gern auch mal selbst ein schönes Stück. Man muss sich also nicht erst verloben wollen, um bei Pomellato reinzuschauen. Das Erfolgsrezept: Die Preziosen bestehen aus traditioneller Hand- arbeit, modernem Design und einer guten Portion Respektlosigkeit gegenüber einer Branche, die vom großen Auftritt lebt.

Pomellato wurde im Jahr 1967 in Mailand gegründet. Kurz zuvor gab es in der Mode die ersten Prêt-à-porter-Schauen. Die Pariser Haute Couture musste einsehen, dass sie durch Exklusivität allein nicht überleben kann. Fortan sollte gutes Design in kleinen Serien die Mode bestimmen. Goldhändlerspross Pino Rabolini wollte das Prinzip der Mode auf die Schmuckwelt übertragen. Als großer Pferdefreund gab er dem Projekt den Namen Pomellato – Apfelschimmel. Heute hat die Schmuckmanufaktur weltweit 21 eigene Geschäfte und wird international in 280 Läden verkauft. Catherine Deneuve und andere Prominente zählen zu den Kunden.

Einmal jährlich erscheint eine neue Kollektion. Pomellato nutzt die Technik der „Verlorenen Form“, eine Prozedur, die 6000 Jahre alt ist. Ein Wachsmodell wird von einer Art Gips umschlossen. Der Gips wird erhitzt, das Wachs zerfließt, und zurück bleibt ein Hohlraum, der dann mit flüssigem Gold ausgefüllt wird. Die Facetten der Steine sind von Hand geschliffen und unregelmäßig. Tragen kann man die Preziosen trotzdem zum Abendkleid wie zu Jeans. Pomellato-Schmuck ist außergewöhnlich unkompliziert.

Dieses scheinbar Unkomplizierte läuft gut, Pomellatos Umsätze wachsen. Obwohl dieser „einfache“ Schmuck nicht gerade billig ist: Ringe mit Gold und Halbedelsteinen gibt es ab 2000 Euro, Edelsteinschmuck ab 3000 Euro aufwärts, und für Trauringe mit Brillanten muss man mindestens 500 Euro anlegen. Minoli erklärt das so: „Der Markt mag uns. Wahrscheinlich, weil wir es schaffen, die Welt der Juwelen zu entdramatisieren. Wir machen sie zugänglich. Uns dienen Edelsteine, um dem Gold Farbe zu schenken. Das ist in der Welt der Juwelen wie die Französische Revolution.“ Pomellato, der italienische Rebell im Schmuckkästchen.