Nie wieder… Pflegemonster

Ängstlich stehen wir vor der Waschmaschine, den Blick ungläubig aufs Pflegeetikett gebannt: Federn und Fell, Pailletten und Plissees machen die neuen Trend-Textilien zum Reinigungs-Albtraum

 

Achtung! Attention! Attenzione!“, warnt das Etikett, und dann steht da noch eine Menge Kleingedrucktes. Okay, das hätte ich wohl besser durchlesen sollen, bevor ich diesen Paillettentraum von einem Partykleidchen auf der Tanzfläche durchgeschwitzt hatte. Doch wer studiert beim Kauf eines sündhaft teuren Designerteils aus Mailand schon Pflegehinweise? Pah, erhobene Zeigefinger auf Textil!

Das Problem ist nur: Wenn sich erst einmal ein Fleck auf den flattrigen Stoff verirrt hat, ist es meist zu spät. Denn immer mehr Modemacher, die etwas auf sich halten, entwerfen neuerdings Zimperliches. Je mehr Federn und Fell, Steinchen und Stöckchen, Muscheln oder sogar digitale Displays verarbeitet werden, desto ängstlicher stehen wir Kundinnen vor der Waschmaschine.

In Ateliers werden die neuen Stoffe mit komplizierten Verfahren bestickt und bemalt, geknetet und ausgefranst, gefärbt und wieder gebleicht, um nanschließend mit Warnetiketten versehen zu werden, die zum Beispiel lauten: „Bitte nur sanft im lauwarmen Wasser schwenken“ oder: „Restfeuchtigkeit mit einem Handtuch ausdrücken!“ Auch Widersprüchlichkeiten sind zu finden: So begegnete mir kürzlich ein Rock, dessen Schild „Liegend trocknen!“ verlangte, während es im Seitennaht-Etikett hieß: „Dry clean only!“ Tja, was denn nun?

Fest steht, wer sich heute individuell kleiden will, muss in der Lage sein, auch individuell zu waschen. Offenbar erwartet die Textilindustrie, dass Modebewusste bereit sind, um den Wäschekorb zu tanzen wie ums goldene Kalb. Meinen die in Mailand und Paris, wir hätten sonst niemanden im Leben, um den wir uns kümmern können? Selbst in Reinigungen gelangen die Fachkräfte angesichts von Hinweisen wie „No last finish“ schnell ans Ende ihres Pflegelateins. Auf Textilien mit Paillettenstickerei verewigen Hersteller inzwischen sogar Sätze wie diesen: „Es ist normal, wenn die Pailletten abfallen oder unregelmäßig angenäht sind. Tragen Sie keine Ringe, Uhren, Armbänder“.

Und natürlich: „Do not wash, tumble, iron!“ Warum schreiben die nicht gleich, wie es sich in Wahrheit verhält? „Wenn sie auf Nummer sicher gehen wollen, ziehen Sie dieses Kleidungsstück am besten gar nicht erst an!“, müsste es korrekterweise heißen. Nicht weniger absurd sind weiße Leinenblusen, deren Warnwimpel ernsthaft mahnen: „Bitte nicht der Sonne aussetzen!“ Wann bitte, wenn nicht bei Sonnenscheinwetter, ist Weiße- Leinenblusen-Zeit?

Oder mein letzter Badeanzug: Ihn durfte man laut Etikett ebenfalls weder der Sonne aussetzen noch mit Sonnenöl in Berührung bringen.

Zum Glück gibt’s ja noch das Hallenbad…

Richtig kriminell hingegen wird es bei den Pflegediven, die ganz und gar unkompliziert tun. Sie kommen voller Furchen und zerknautscht daher, und niemand warnt „Bloß nicht bügeln“. Ich habe schon Männer in Tränen ausbrechen sehen, weil die Haushälterin das 1000-Euro- Plissee- Hemd als Normalfalte geplättet hat. Dann ist man für Aussagen wie diese, die ich unlängst in einer italienischen Designer-Jeansjacke fand, geradezu dankbar. Dort hieß es: „In der Sonne wird die Jacke vergilben. Dieser Effekt ist jedoch erwünscht und macht sie unverwechselbar.“